Dorfgemeinschaft Hattenhofen

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Das eine Prozent

  • Der Wettenkrug und das eine Prozent

Der Wettenkrug von Hattenhofen und das eine Prozent von Marktoberdorf

Hattenhofen – 54 Haushalte mit 180 Bewohnern gibt es in Hattenhofen. Soll heißen: Die Ortschaft auf der leichten Anhöhe westlich der Wertach macht genau ein Prozent der Marktoberdorfer Bevölkerung aus. Doch das Dorf hat manches zu bieten, was nicht in Zahlen und Prozenten zu ermessen, sondern in der Stadt und darüber hinaus einmalig ist.

 Zum Beispiel das 2013 und 2014 neu aufgebaute Dorfgemeinschaftshaus, wo noch jeden Sonntag ein Frühschoppen und ein Dämmerschoppen zusammengehen. Und wo in der Stube ein großer Wettenkrug steht.

Was es mit dem auf sich hat? In den schön bemalten Krug mit dem Zinndeckel, der nahe am Ofen steht, wird kein Bier oder Radler mehr eingefüllt. Vielmehr werden darin alle Zettel mit Stammtischwetten aufbewahrt. Bernhard Häfele, Vorstand des Vereins Dorfgemeinschaft Hattenhofen, und Vroni Diepolder, die Schatzmeisterin, öffnen den Deckel und packen für den Kreisbote aus.

 

Mit Blick auf die Bundestagswahl 2017 haben zwei Mannsbilder eine Wette dazu abgeschlossen, welche Partei ab Herbst die Bundesregierung anführen wird. Immerhin geht es um 50 Liter Bier. Genauso groß ist der „Streitwert“ bei einer anderen Wette mit purem Lokalkolorit: Da geht’s darum, wer von zwei ledigen Burschen im Dorf früher in den Hafen der Ehe einläuft.

Kirche St. Andreas

 

 

Hattenhofen ist aber auch in anderer Hinsicht außergewöhnlich. Aus der Ortschaft mit 180 Einwohnern sind gleich zwei Köpfe im Stadtrat vertreten: Christoph Knestel und Vroni Diepolder, beide in der CSU-Fraktion. Außerdem wohnt in Hattenhofen der Kämmerer von Marktoberdorf, Wolfgang Guggenmos. Er ist zweiter Vorstand der Dorfgemeinschaft Hattenhofen. Und: Er ist Kirchenpfleger der Filialstiftung St. Andreas.

 

 

 

Das Gotteshaus, wo noch einmal im Monat und zu besonderen Festen die Messe gelesen wird und wo regelmäßig der Rosenkranz gebetet wird, befindet sich innen wie außen in einem sehr guten baulichen Zustand. Zahlreiche Maßnahmen über zwei Jahrzehnte hinweg waren die Voraussetzung dafür. Kirchenpfleger Guggenmos kommen die Worte in den Sinn, die Dorfbewohner früher kundgetan haben: „Mir lasset eisern Endres it im Reaga stande.“ Gemeint ist mit dem Endres nicht nur der Patron, sondern die kleine Kirche.

 

Aus Liverpool in das Ostallgäu

Hattenhofen ist in den vergangenen Jahren, nachdem die Stadt dort Bauland ausgewiesen hatte, gewachsen. Am Ortsrand – er selbst spricht humorvoll von der „Südwache“ – ist Joseph Meissner zu Hause. Der 42-Jährige wohnt dort mit seiner Frau Eszer, der elfjährigen Tochter und dem achtjährigen Sohn. Meissner ist der fahrende Tierarzt in und um Marktoberdorf. Er stammt aus Liverpool. Seine Mutter ist Engländerin, sein Vater ein Österreicher. Seine Frau ist in Ungarn geboren. Und vier Jahre hat Meissner in den Niederlanden gearbeitet. Hattenhofen – Europa im Kleinen. Die Familie Meissner ist seit 2009 in Marktoberdorf und erst im März 2017 nach Hattenhofen ins neue Haus gezogen.

180 Bewohner – 19 Musikanten

In Hattenhofen gibt’s auch 19 Musikanten. Die sind meist in größeren Kapellen wie Geisenried oder Ruderatshofen oder mal als kleine „Rentnerband“ aktiv, erzählt Thomas Tronsberg, Schriftführer im Dorfverein und selbst aktiver Bläser. Heuer hat’s zum Dorffest Ende Juli noch nicht geklappt, aber 2018 wollen sie als kleine Besetzung nur mit Hattenhofenern beim Dorffest aufspielen.

Dieser „Event“ ist immer in und vor dem Dorfgemeinschaftshaus. Den Hof beim früheren Langebaur, kurz „Haus 28“ genannt, erwarb 2009 die Stadt Marktoberdorf. Das alte baufällige Haus wurde abgebrochen, das neue mit der gleichen Größe 2013/2014 unter enormem Einsatz der Dorfbewohner wieder errichtet.

Hinten ist ein Stadel, darin steht ein Spritzenanhänger. Hattenhofen, das früher zur Gemeinde Geisenried gehörte, hat auch eine eigene Feuerwehr mit zwölf Leuten, wie Bernhard Häfele schildert. Einmal im Jahr kommen die Kameraden der Geisenrieder Wehr nach Hattenhofen zu einer gemeinsamen Übung.

Viele Jugendliche und Erwachsene aus dem Dorf arbeiten bei Fendt in Marktoberdorf. Doch gibt es auch manch selbstständigen kleinen Betrieb: das Baugeschäft Geiss, die Zimmerei Hefele, die Fahrschule von Uwe Madsack, die Sand- und Kugelstrahlerei von Jürgen Buschkönig. Oder Sven Dürr mit dem Weinhandel Hosp. Oder Detlev Diepolder mit seinem IT-Büro. Er wird von den Hattenhofenern meist nur Poldi genannt.

 
Herzstück in der Ortschaft ist das Ensemble mit dem Dorfgemeinschaftshaus und der Kirche St. Andreas gegenüber. Dazwischen steht ein neuer Brunnen, der seit 2017 in Betrieb ist. Er wird mit Wasser vom alten Pumpenhäusle am Weiher unten gespeist. Dafür wurde eigens eine Leitung nach oben ins Dorf verlegt. Einen Motor braucht’s dafür nicht, das alte Wasserrad reicht aus. Das Wasser für den neuen Dorfbrunnen: Es soll ebenso nicht versiegen wie die Stammtisch-Ideen. Es haben noch einige Zettel Platz im Hattenhofener Wettenkrug.
 
Text und Bilder: Kreisbote Kaufbeuren
Artikel vom 26.08.2017
© jj
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